Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Carve­-Outs – Aktives Portfoliomanagement im Wege der Abspaltung eines Geschäftsbereichs

Teil I: Desinvestitionen in turbulenten Märkten

Im Rahmen der erfolgreichen Gestaltung von M&A-Aktivitäten spielen Carve-out-Transaktionen eine zunehmend bedeutsamere Rolle, so z.B. als vorbereitende Maßnahme für Spin-offs. Weiterhin fungieren Konzernabspaltungen mitunter als wichtiger Motor für Neuemissionen an der Börse. Der erste Teil des Beitrags beleuchtet zunächst aktuelle Entwicklungen auf dem M&A-Markt sowie die grundlegende ökonomische Ratio von Carve-Outs. In einem weiteren Artikel folgen dann die nähere Analyse der Ausprägungen Spin-off und Equity Carve-Out sowie die Herausarbeitung der entscheidenden Erfolgsfaktoren von Unternehmens-Ausgliederungen unter volatilen Marktbedingungen.

Zur Ökonomik von Desinvestitionen

In der Finanzierungs­ und Kapitalmarkttheorie wird ganz überwiegend die Maximierung des Shareholder Value (also der Anteilseigner-­Werte) als dominierende Zielset­zung verwendet. Auch in der (deutschsprachigen) Praxis ist seit vielen Jahren die Orientierung am Investoreninte­resse bei unternehmerischen Entscheidungen deutlich gestiegen. Das äußert sich im Sinne eines aktiven Portfoliomanagements bzw. einer ­bereinigung konkret häufig in der funktionellen sowie rechtlichen Abspaltung eines (nicht notwendigerweise) defizitären Geschäftsbereichs.

Dabei ist eine Entwicklung zu beobachten, die an die ökonomische Ratio der „Sum­-of­-the­-Parts“­-Theorie anknüpft. Hiernach versuchen „aktivistische Investoren“, diversifizierte Industriekonglomerate durch Restruktu­rierung neu auszurichten; beabsichtigt ist in solchen Fällen, einen „Break­up Value“ zu realisieren sowie den „Conglomerate Discount“ (Konglomerats-Abschlag) abzuschwächen bzw. zu eliminieren. Hierbei sind unter dem „Break­up Value“ die durch Desinvestition frei­gesetzten Wertschöpfungsbeiträge zu verstehen. Der „Conglomerate Discount“ lässt sich durch den Ver­gleich des Börsenwerts des Unternehmens mit dem sog. intrinsischen (wahren) Wert der Geschäftsbereiche berechnen und mittels des „Break­up Value“ eliminieren. 

Die Höhe des intrinsischen Werts einer Unternehmung bzw. eines Assets wird abgeleitet aus dessen Fähigkeit, (zukünftig) Cashflows zu erwirtschaften. Dabei bestimmt sich der Wert einer Unternehmung aus 

  • der Analyse seiner Fundamentaldaten, 
  • der absoluten Höhe und dem Wachstum der Cash­flows sowie 
  • dem Risiko, das zu deren Erzielung eingegangen wer­den muss. 

Dem steht der aktuelle Börsenwert gegenüber, der als der Wert sämtlicher Aktien definiert ist. Dabei leitet sich der Börsenkurs bzw. der Preis einer Aktie grundsätzlich aus Angebot und Nachfrage ab und steht damit in Abhängig­keit jeweils herrschender Marktstimmungen. Hier entsteht in aller Regel eine – nicht selten beträchtliche – Differenz zwischen dem Börsenwert und dem intrinsischen Wert einer Unternehmung.

Bei den „aktivistischen Investoren“ handelt es sich um Investoren, die unter Infragestellung der strategischen Ausrichtung des betreffenden Unternehmens Trans­formationsprozesse anstoßen – häufig auch gegen den erklärten Willen des aktuellen Managements. Als unter­bewertet werden dabei Unternehmen eingestuft, die eine Wertlücke aufweisen, die in der Differenz zwischen dem Börsenwert und dem intrinsischen Wert besteht. 

Zielerreichung über Carve-Outs 

Als primäre Ziele einer Desinvestition sind 

  • die Fokussierung auf das Kerngeschäft oder 
  • eine strategische (Neu­)-Ausrichtung des Geschäfts­portfolios aufgrund von Marktveränderungen des ver­äußernden Unternehmens oder 
  • die kurzfristige Beschaffung finanzieller Mittel

zu nennen. Allen Motiven gemein ist das Bestreben, den eingangs erwähnten Shareholder Value zu steigern. Hier­für können ein Carve­-Out und die anschließende Des­investition z.B. sinnvoll sein, wenn ein Geschäftsbereich nicht die von den Eigentümern oder dem Vorstand gefor­derte Verzinsung auf das eingesetzte Kapital generiert.

Praxisbeispiel: Eine der größten M&A­-Transaktionen der letzten Jahre waren der Carve-­Out und der darauffol­gende Verkauf der Aufzugsparte der Thyssen­Krupp AG an ein Private-­Equity­-Konsortium. 

Derartige Transaktionen zeigen, dass einzelne Geschäfts­bereiche für sich genommen werthaltiger sind bzw. höher bewertet werden als aus der Gesamtperspektive ableit­bar; das bedeutet insbesondere auch, dass die Summe der Teile bzw. Geschäftsbereiche („Sum-­of-­the-­Parts“) in solchen Fällen i.d.R. bewertungstechnisch größer ist als der Gesamtkonzern­-Wert.

Fazit und Ausblick: Über Desinvestitionen können in einer wirt­schaftlich angespannten Lage sowohl neue liquide Mittel generiert als auch die Geschäfts­strukturen strategisch neu ausgerichtet werden. Mit Carve-Outs verfügt die Unternehmenspra­xis über ein Instrument, das insbesondere dafür geeignet ist, Unternehmensbereiche in anderer Umgebung zu revitalisieren. Im nächsten Heft werden für die besonders relevanten Ausprä­gungen Spin Off und Equity Carve­-Out die Er­folgsfaktoren in der Praxisumsetzung heraus­gearbeitet. 

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang