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Finanzierungsleasing: Neue Grundsätze für die umsatzsteuerliche Einordnung

Ob ein Finanzierungsleasingvertrag umsatzsteuerlich als Lieferung (Kauf) oder als sonstige Leistung (Miete) zu beurteilen ist, richtet sich derzeit nach den ertragsteuerlich geltenden Kriterien des wirtschaftlichen Eigentums (sog. Leasingerlasse). Aktuell ist mit einer substantiellen Neuregelung der umsatzsteuerlichen Behandlung von Finanzierungsleasingverträgen zu rechnen: Das BMF plant in einem Entwurfs-Schreiben vom 3.12.2019 die Übernahme von neuer EuGH-Rechtsprechung in den UStAE und damit die Loslösung von ertragsteuerlichen Kriterien. Die Frage der Behandlung bestehender Verträge ist dabei ebenso bedeutsam wie der Umgang mit möglicherweise künftig auftretenden Divergenzen zwischen Ertrag- und Umsatzsteuer.

Finanzierungsleasing nach aktuellem UStAE-Stand

Aktuell bestimmt die ertragsteuerliche Zuordnung eines Leasinggegenstands auch die umsatzsteuerliche Behandlung des Leasingvertrags:

  • Wird der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zugerechnet, handelt es sich um eine Lieferung mit der Folge der sofortigen Entstehung von Umsatzsteuer (vgl. Abschn. 3 Abs. 5 Satz 2 UStAE).
  • Die Zurechnung beim Leasinggeber führt zu einer sonstigen Leistung, für welche jeweils ratierlich Umsatzsteuer zu entrichten ist.

Für die Zurechnung des Gegenstands sind u.a. das Verhältnis von unkündbarer Grundmietzeit zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer sowie das Verhältnis von Kaufpreis und Buchwert zum Zeitpunkt des Ablaufs der Mietzeit maßgeblich. Nach Abschn. 3.5 Abs. 6 Satz 1 UStAE liegt bei Mietverträgen i.S. des § 535 BGB mit einer Kaufoption eine Lieferung erst im Zeitpunkt der übereinstimmenden Willenserklärung zur Annahme der Option vor. Der Vermieter berechnet den Kaufpreis zum Lieferzeitpunkt umsatzsteuerpflichtig. Die vom Mieter bis dahin gezahlte Miete bleibt grundsätzlich eine sonstige Leistung. Wird die zuvor gezahlte Miete auf den Kaufpreis des Mieters angerechnet, kann eine rückwirkende Änderung der Bemessungsgrundlage bei der Umsatzsteuer gegeben sein.

Abgrenzung von Lieferungen gem. EuGH

Die Frage, ob es sich um eine Lieferung oder eine sonstige Leistung handelt, soll sich nach Auffassung des EuGH in seinem Urteil vom 4.10.2017 (C-164/16, Mercedes Benz Financial Services) bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eindeutig entscheiden lassen: Eine Lieferung liegt demnach dann vor, wenn der Leasingvertrag einen Eigentumsübergang des Leasinggegenstands auf den Leasingnehmer vorsieht.

Dabei kann eine Kaufoption ausreichen. Die entsprechende Vertragsbestimmung muss außerdem im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung vorsehen, dass das Eigentum am Leasinggegenstand bei planmäßigem Vertragsablauf automatisch auf den Leasingnehmer übergehen soll. Davon ist auszugehen, wenn eine Kaufoption besteht und wenn die Ausübung dieser Option für den Leasingnehmer als einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit erscheint.

Hinweis: Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn nach dem Vertrag zu dem Zeitpunkt der Optionsausübung die Summe der vertraglichen Raten dem Verkehrswert des Gegenstands einschließlich Finanzierungskosten entspricht und der Leasingnehmer wegen der Ausübung der Option nicht zusätzlich eine erhebliche Summe entrichten muss. Der Begriff der erheblichen Summe bedarf ggf. noch der Konkretisierung.

Geplante Umsetzung des EuGH-Urteils im UStAE

Das BMF teilt in seinem o.g. Entwurfsschreiben mit, dass die derzeitige umsatzsteuerliche Beurteilung von Leasingverträgen in Abschn. 3.5 Abs. 5 und 6 UStAE teilweise mit der EuGH-Entscheidung kollidiert. Daher soll Abschn. 3 Abs. 5 UStAE unter Übernahme der EuGH-Entscheidung neu gefasst werden. Weiterhin ist eine Ausweitung auf Mietverträge vorgesehen. Im Fall grenzüberschreitender Überlassung soll die Zuordnung des Leasinggegenstands im Zweifel dem Recht des anderen Mitgliedstaats folgen.

Hinweis: Die Grundsätze des neuen Schreibens sind gem. der Entwurfsfassung in allen offenen Fällen anzuwenden. Jedoch wird es für vor dem Tag der Veröffentlichung des BMF-Schreibens ausgeführte Umsätze nicht beanstandet, wenn die Beteiligten übereinstimmend den UStAE in der alten Fassung anwenden.

Kritik am BMF-Entwurf

Zum BMF-Schreiben vom 3.12.2019 sind zwischenzeitlich Stellungnahmen veröffentlicht worden. So weist die Bundessteuerberaterkammer darauf hin, dass die Formulierung über die Nichtbeanstandungsregeln Umsätze nicht erfasst, welche bis zur Entwurfs-Veröffentlichung als Leistungen behandelt wurden. Ist der Vertrag nach neuer Auffassung als Lieferung anzusehen, wären ggf. auch rückwirkend Umsatzsteuervoranmeldungen zu ändern.

Nach Auffassung des Deutschen Steuerberaterverbands entstehen Schwierigkeiten in der Buchhaltung und bei einer korrekten Rechnungsstellung. Ist ein Leasingvertrag im ertragsteuerlichen Sinne als Kauf anzusehen, ermöglicht dies beim Leasingnehmer Abschreibungen und (nur) den Abzug der Zinsaufwendungen als Betriebsausgaben. Ist nach der neuen Regelung derselbe Vertrag umsatzsteuerlich als Leistung anzusehen, weil z.B. keine Kaufoption vereinbart ist, ist vom Leasingnehmer monatlich Vorsteuer geltend zu machen.

Ausblick: Es bleibt abzuwarten, wie die Änderung des UStAE letztlich im Detail formuliert wird. In Frage steht sie nach dem EuGH-Urteil hingegen nicht mehr. Wir werden nach endgültiger Beschlussfassung im BMF informieren.

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