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Unterzeichnung des Jahresabschlusses mittels qualifiziert elektronischer Signatur

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie hat sich die Entwicklung hin zu einer digitalisierten Arbeitswelt rasant beschleunigt. Davon betroffen sind auch die Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Aufstellung eines Jahresabschlusses, welche bei immer mehr Unternehmen überwiegend oder sogar vollständig aus dem Home-Office durchgeführt werden. Fraglich ist, ob die handschriftliche Unterzeichnung des Jahresabschlusses durch eine ausschließlich elektronische Signatur ersetzt werden kann.

Pflicht zur Unterzeichnung des Jahresabschlusses

Ein Kaufmann ist verpflichtet, den Jahresabschluss unter Angabe des Datums zu unterzeichnen (§ 245 HGB). Bei einem Einzelunternehmen erfolgt die Unterzeichnung durch den Einzelkaufmann, bei Personengesellschaften durch die persönlich haftenden Gesellschafter und bei Kapitalgesellschaften durch alle Mitglieder der Geschäftsführung (GmbH) bzw. alle Vorstandsmitglieder (AG).

Die unterzeichnenden Personen dokumentieren anhand ihrer Unterschrift, dass sie die Verantwortung für die Vollständigkeit und Korrektheit des Jahresabschlusses übernehmen. Die Unterschrift ist unterhalb des Jahresabschlusses anzubringen.

Qualifiziert elektronische Signatur

Jahresabschlüsse sind eigenhändig und höchstpersönlich zu unterzeichnen. Demzufolge scheidet ein bloßes Ersetzen der handschriftlichen Signatur durch eine elektronische Kopie oder drucktechnische Wiedergabe der Originalunterschrift als nicht zulässig aus. Als formwahrendes Substitut einer Originalunterschrift kann jedoch möglicherweise eine qualifiziert elektronische Signatur in Betracht kommen.

Bei einer qualifiziert elektronischen Signatur handelt es sich um eine digitale Signatur, die einer handschriftlichen Signatur gleichgestellt ist und somit im Rechtsverkehr zum Einsatz kommt. Hierfür geben bestimmte Vertrauensdienstanbieter ein qualifiziertes Zertifikat aus und verknüpfen dieses elektronisch mit dem zu unterzeichnenden Dokument. Dadurch kann die unterzeichnende natürliche Person eindeutig identifiziert werden.

Zulässigkeit der digitalen Signatur noch nicht abschließend geklärt

Zum jetzigen Zeitpunkt existieren keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Zulässigkeit der Unterzeichnung des Jahresabschlusses mittels qualifiziert elektronischer Signatur. Die diesbezüglichen handelsrechtlichen Kommentierungen sind zudem überschaubar und uneinheitlich. Bemerkenswert ist, dass die qualifiziert elektronische Signatur in vergleichbaren Anwendungsbereichen bereits als Substitut einer handschriftlichen Signatur zum Einsatz kommt.

So erachtet das IDW sowohl die Erteilung von Bestätigungsvermerken als auch die Ausfertigung von Prüfungsberichten durch einen Abschlussprüfer mittels qualifiziert elektronischer Signatur für zulässig. Und auch die qualifiziert elektronische Unterzeichnung der Vollständigkeitserklärung durch den Abschlussersteller wird vom IDW als gleichwertig eingestuft. Ebenso vertritt der Arbeitskreis Rechnungslegung der Steuerberaterkammer Südbaden die Auffassung, dass originär digitale Dokumente qualifiziert elektronisch signiert werden können.

Fazit

Aktuell verbleibt für Abschlussersteller eine Rechtsunsicherheit bei ausschließlicher Unterzeichnung des Jahresabschlusses mittels qualifiziert elektronischer Signatur. Da die Feststellung des Jahresabschlusses von der Unterschrift unabhängig ist, droht zwar keine Nichtigkeit, es könnte jedoch ein Ordnungswidrigkeitstatbestand festgestellt werden.

Empfehlung: Zu beachten ist außerdem die Aufbewahrungspflicht des § 257 Abs. 3 HGB, die den Abschlussersteller dazu verpflichtet, den Jahresabschluss in Papierform aufzubewahren und folglich handschriftlich zu signieren, auch wenn dieser digital aufgestellt und unterzeichnet wurde. Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber die derzeitigen Vorgaben hinsichtlich der Unterzeichnung des Abschlusses sowie der Aufbewahrungspflichten klarstellt bzw. überdenkt. Wir werden die weiteren Entwicklungen für Sie im Auge behalten.

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